Gedichte lernen

Das war wohl für die meisten von uns zu Schulzeiten eher ein Schrecknis.
Doch im fortgeschrittenen Alter entdeckten meine Frau und ich diese großartige Fülle und die Bereicherung für uns gerade in den Gedichten.
Und wir lernten die "alten" (mehr oder weniger vergessenen) wieder
und viele neue dazu. Hesses "Stufen" gaben uns den entscheidenden Anstoß.
Vielfach regt der Text uns auch zum Nachspüren, Nachforschen an.
Und wir fanden und finden das Erleben beglückend.

Die Erkenntnisse, die wir dabei fanden, stehen hier: Sie könnten anderen "Gedichte-Lernern" helfen, Freude daran zu gewinnen:

Ohne Zwang soll gerade dieses Lernen sein, das heute als Auswendiglernen ziemlich verpönt ist.
Viel Zeit sollte gegönnt sein, damit das Hineintauchen in den Inhalt und der Vortrag reifen kann.
Dennoch muss ein klares zeitliches Ziel vorgegeben werden, damit genügend Druck herrscht, so dass dies Lernen nicht zur "unendlichen Geschichte" verkommt.

Dieses Vorgehen fanden wir hilfreich:

Das Gedicht einmal im Zusammenhang laut lesen, um den Sinnzusammenhang zu erfassen.

Wenn möglich, vom "Profi" vorgetragen anhören (cd oder you tube) – dabei Wichtiges erfassen und ggf. sogar notieren.

Einen Mit-Lerner finden: Der hilft zu mehr Freude;
gibt beliebig Stichworte, damit der gelernte Vortrag weiter geht;
er trägt über "Lern-Unlust" hinweg,
gibt eigene Anstöße für's Lernen, Betonen, Interpretiern;
entdeckt Fehler im Vortrag und korrigiert sie sofort, so daß sie sich nicht festsetzen.

Gelegenheiten zum Aufsagen finden: beim Spazieren oder Wandern, Abwaschen, Bügeln, auf dem Heimtrainer...

Abschreiben! (Schreiben hilft für's Behalten!) – Je eine Strophe auf eine Karte (wie Lernkarten), um sie beim Spazieren / Wandern mitzunehmen, beim Warten auf... oder im Stau griffbereit zu haben.

Auffälliges / Markantes notieren
Beziehungen im Text oder im Reim (mit Strichen) zeigen: Das gibt gedankliche Verknüpfung!
Erste Gedanken am Rand (sofort) notieren. (Es gehen so viele sonst verloren.)

Laut lesen und Sinn suchend betont
Betonungen markieren
Mit der Sprache "spielen" und sich selbst (neu) hören. Zum Beispiel in Schillers Glocke: ... und ein Gott hat Erbarmen oder ein Gott hat Erbarmen.
Mit Gesten Aussagen aufgreifen, betonen. Zum Beispiel C. F. Meyer: Der römische Brunnen
In Abschnitten wieder und wieder aufsagen und mehr und mehr auf Feinheiten achten.
Zum Sicherwerden und Absichern: Zuhörer(n) vortragen

Den eigenen Vortrag aufnehmen und unter Beachtung der oben genannten Punkte abhören.